Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe – Wo liegt der Unterschied?
Laut dem deutschen Grundgesetz muss jeder Bürger die Chance erhalten, für sein Recht einzustehen. Die Beratung und Vertretung durch einen Anwalt sowie ein Verfahren vor Gericht können jedoch enorme Kosten mit sich bringen. Damit auch Menschen mit einem geringen Einkommen nicht darauf verzichten müssen, sich etwa gegen eine unrechtmäßige Kündigung zu wehren, erhalten sie unter gewissen Voraussetzungen eine finanzielle staatliche Unterstützung – die Prozesskostenhilfe.
Auch bei einer Scheidung fallen Kosten für das Verfahren an. Hierzu zählen unter anderem Anwaltskosten, da eine Scheidung nur von einem Rechtsanwalt eingereicht werden kann. Außerdem fallen Gerichtkosten an, da die Scheidung von einem Familiengericht rechtskräftig beschlossen werden muss. Des Weiteren können – je nach Einzelfall – noch Sachverständigenkosten sowie weitere Posten hinzukommen.
Viele Betroffene fragen sich, ob sie auch bei einer Scheidung Prozesskostenhilfe erhalten können. Grundsätzlich besteht auch in Familienrechtsangelegenheiten die Möglichkeit der finanziellen Unterstützung durch den Staat. Seit 2009 trägt diese Hilfe den Namen Verfahrenskostenhilfe.
Inhalt
FAQ: Verfahrenskostenhilfe
Als Verfahrenskostenhilfe wird in Familiensachen die Prozesskostenhilfe bezeichnet. Hierbei handelt es sich um eine finanzielle Unterstützung vom Staat, der unter anderem bei einer Scheidung in Anspruch genommen werden kann.
Besteht ein Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe, können dadurch die Kosten für den Anwalt, das Gericht sowie Sachverständige übernommen werden.
Abhängig von den finanziellen Verhältnissen ist ggf. eine Rückzahlung der Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenskostenhilfe notwendig.
Kein Geld für die Scheidung – Wer erhält Verfahrenskostenhilfe?
Zwar tragen die Verfahrens- und die Prozesskostenhilfe unterschiedliche Namen, grundsätzlich handelt es sich jedoch um die gleiche Form der finanziellen Unterstützung mit vergleichbaren Voraussetzungen. Dies ist § 76 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) zu entnehmen:
Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.
Für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe bei einer Scheidung müssen demnach die gleichen Voraussetzungen erfüllt werden wie für die Prozesskostenhilfe. Doch um welche Bedingungen handelt es sich genau?
In § 114 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) sind die folgenden drei Voraussetzungen, damit Sie bei einer Scheidung Verfahrenskostenhilfe erhalten können, festgelegt: Zunächst dürfen es Ihnen Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht erlauben, die Kosten für die Prozessführung – in diesem Fall für die Scheidung – tragen zu können.
Des Weiteren muss die Rechtsverfolgung eine ausreichende Aussicht auf Erfolg bieten und das Vorgehen darf nicht mutwillig erscheinen. Letzteres bedeutet, dass der Antragssteller auch dann eine Scheidung vollziehen würde, wenn er die Kosten dafür komplett selbst tragen müsste.
Im Unterschied zur Prozesskostenhilfe kommt im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe bei einer Scheidung noch eine weitere Voraussetzung hinzu. Sie erhalten die finanzielle Unterstützung nur dann, wenn die Ehe als gescheitert gilt. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn das sogenannte Trennungsjahr laut § 1566 BGB, in welchem die beiden Partner getrennt voneinander leben müssen, eingehalten wurde.
Werden im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe alle Kosten übernommen?
Wenn Sie einen Verfahrenskostenhilfeantrag stellen, prüft das zuständige Familiengericht, ob Sie die nötigen Voraussetzungen erfüllen. Hierzu gehört auch, dass Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse genau durchleuchtet werden.
Je nachdem, wie viel Geld Ihnen zur Verfügung steht, kann es nämlich sein, dass nicht die kompletten Kosten, sondern nur ein Teil davon übernommen wird. Übersteigt Ihr Einkommen eine gewisse Grenze, wird in der Regel eine Rückzahlung in Raten für die Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe vereinbart.
Diese Raten müssen Sie dann maximal 48 Monate, also vier Jahre lang, abbezahlen. Konnten Sie in dieser Zeit nicht die gesamten Kosten tilgen, wird die Restschuld erlassen. Verbessern oder verschlechtern sich Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse in dieser Zeit, müssen Sie dies dem zuständigen Gericht melden. Gegebenenfalls werden die Raten dann angepasst.
Wie wird ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe bei einer Scheidung gestellt?
Den VKH-Antrag müssen Sie beim zuständigen Familiengericht stellen. Dies sollten Sie vor dem Einreichen des Scheidungsantrags erledigen. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass Sie beide Anträge gleichzeitig stellen.
Damit das Familiengericht Ihre finanziellen Verhältnisse überprüfen kann, um festzustellen, ob Sie die Voraussetzungen für die Verfahrenskostenhilfe erfüllen, müssen Sie ein spezielles Formular ausfüllen. Hierbei handelt es sich um die „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe“.
Diesem Formular sind entsprechende Belege – beispielsweise Kontoauszüge oder Lohnabrechnungen – hinzuzufügen. Können Sie diese nicht nachweisen, kann es dazu kommen, dass Ihr Antrag auf Verfahrenskostenhilfe abgelehnt wird.