Ein Prozess endet nicht immer mit einem Urteil. Er kann auch vorzeitig durch eine gütliche Einigung zwischen den beiden Parteien enden. Wie verhält es sich mit der Prozesskostenhilfe, wenn ein Vergleich abgeschlossen wurde?
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FAQ: Prozesskostenhilfe bei einem Vergleich
Bei einem Vergleich legen die Parteien fest, wie die Kosten aufgeteilt werden. Häufig wird dabei vereinbart, dass beide Parteien die eigenen Anwaltskosten tragen und die Gerichtskosten gemeinsam zahlen.
Stimmen Sie einem Vergleich zu, kann es dazu kommen, dass Sie die Kosten für den Rechtsstreit trotz zuvor genehmigter Prozesskostenhilfe selbst tragen müssen. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Sie erhalten Prozesskostenhilfe, obwohl einem Vergleich zugestimmt wurde, wenn drei Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu gehört es unter anderem, dass der Vergleich sowie die Kostenverteilung vom Gericht vorgeschlagen worden sein müssen. Weitere Informationen haben wir an dieser Stelle zusammengefasst.
Grundlagen: Was sind PKH und Vergleich?
Bevor wir uns mit der Prozesskostenhilfe bei einem Vergleich beschäftigen können, müssen wir zum besseren Verständnis zunächst einige Grundlagen klären. Was ist die Prozesskostenhilfe und was ein Vergleich?
Ein Prozess vor Gericht ist meist teuer. Damit Menschen mit geringem Einkommen trotzdem ihre Rechte wahrnehmen können, gibt es in Deutschland die Prozesskostenhilfe – kurz PKH genannt. Wird diese genehmigt, übernimmt die Staatskasse in der Regel entweder die vollen Prozesskosten oder zumindest einen Teil davon.
Kommen wir nun zum Vergleich. Ein Prozess endet nicht immer mit einem Urteil. Er kann auch schon vorher beendet werden – und zwar unter anderem durch eine gütliche Einigung zwischen den beteiligten Parteien. Diese wird auch Vergleich genannt. Die Beteiligten handeln einen Kompromiss aus, an den sie sich halten müssen. Dadurch wird der Prozess sofort beendet, was unter anderem Kosten spart.
Prozesskostenhilfe beim Vergleich: Anwaltskosten und Gerichtskosten bei einvernehmlicher Beilegung des Rechtsstreits
Wie verhält es sich nun, wenn einer Person die PKH bewilligt wurde, der Prozess jedoch durch eine gütliche Einigung zwischen beiden Parteien beendet wurde? Schließlich sind bereits Kosten für die Arbeit des Gerichts und der Anwälte entstanden.
Leider entsteht hier eine bedeutende Stolperfalle, die Laien häufig bezüglich der Prozesskostenhilfe bei einem gerichtlichen Vergleich nicht bewusst ist. Es kann nämlich dazu kommen, dass die Person, der die PKH bewilligt wurde, trotzdem die Kosten des Prozesses übernehmen muss.
Es gilt nämlich, dass die Prozesskostenhilfe nach einem Vergleich nicht greift, wenn bei diesem gleichzeitig vereinbart wird, dass derjenige, der PKH erhält, die anfallenden Gerichtskosten entweder zum Teil oder komplett übernimmt. In diesem Fall kommt § 29 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes zum Tragen (GKG):
Die Kosten schuldet ferner, wer sie durch eine vor Gericht abgegebene oder dem Gericht mitgeteilte Erklärung oder in einem vor Gericht abgeschlossenen oder dem Gericht mitgeteilten Vergleich übernommen hat; dies gilt auch, wenn bei einem Vergleich ohne Bestimmung über die Kosten diese als von beiden Teilen je zur Hälfte übernommen anzusehen sind;
Damit wird derjenige, der den Vergleich angenommen hat, zum Schuldner der Kosten. Dabei spielt die zuvor gewährte Prozesskostenhilfe keine Rolle mehr (vgl. OLG Frankfurt, Entscheidung vom 01.07.022, Az.: 18 W 149/11).
In diesem Fall muss die andere am Prozess beteiligte Partei mögliche Ansprüche direkt bei demjenigen, dem die Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, durchsetzen. So soll verhindert werden, dass bei genehmigter PKH ein Vergleich zu Lasten der Staatskasse abgeschlossen wird.
Es gibt jedoch auch Ausnahmen. So können Sie die Prozesskostenhilfe bei einem Vergleich trotzdem in Anspruch nehmen, wenn die folgenden Voraussetzungen gemäß § 31 Abs. 4 GKG erfüllt werden:
- Der Kostenschuldner hat die Kosten in einem vor Gericht abgeschlossenen oder gegenüber dem Gericht angenommenen Vergleich übernommen,
- der Vergleich einschließlich der Verteilung der Kosten wurde vom Gericht vorgeschlagen und
- das Gericht hat in seinem Vergleichsvorschlag explizit festgestellt, dass die Kostenregelung der sonst zu erwartenden Kostenentscheidung entspricht.
One comment on “Prozesskostenhilfe: Bei einem Vergleich kann eine Kostenfalle drohen”
Udo C.
18. Juli 2024 at 18:39
Hallo, obwohl mir die Richterin bei einem Vergleichsabschluss ausdrücklich zugesichert hatte, dass aufgrund der Bewilligung meines PKH-Antrages keine Anwaltskosten der Gegenseite anfielen, erhielt ich einen vom Rechtspfleger bewilligten Kostenfeststellungsantrag der Gegenseite, wonach ich zur Begleichung ohne Aufschub verpflichtet wurde.
Im Vergleich ist zu lesen, dass PKH nur für den Vegleich bewilligt wurde, widerspricht somit klar unserer Abmachung während des Vergleichsabschlusses.
Ich in sehr überrascht über die Vorsitzende.
Muss ich noch nun noch weitere Prozesskosten übernehmen?
Als ergänzende Info: Die Kosten für den Vegleich wurden gegeneinander aufgehoben, die für den Prozess muss ich übernehmen.
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Bsete Grüße,
U.C.